„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ – Synergieeffekte pflanzlicher Wirkstoffe
Traditionell setzt man in der Kräuterkunde auf Kombinationen verschiedenen pflanzlicher Wirkstoffe. Dabei geht es für eine hohe Effizienz nicht so sehr um quantitative Effekte (Hochdosisprinzip), sondern um die intelligente Kombination der einzelnen Komponenten. Eine Erklärung für die gute Wirkung von niedrig dosierten Präparaten könnte der Hormesis-Effekt sein.[1] Darunter fällt das Phänomen, dass mit einer relativ niedrigen Dosierung mehr erreicht werden kann als mit einer höheren Dosierung – die sogar zu unerwünschten Nebenwirkungen führen kann. Beispielhaft für den Synergieeffekt werden im Folgenden drei pflanzliche Inhaltsstoffe kurz vorgestellt.
Curcuma
Curcuma wird als Gewürz traditionell zur Verbesserung der Verdauung eingesetzt und hilft bei der Stabilisierung der Darmwände. Der Geruch des Gewürzes ist auf ätherische Öle zurückzuführen, zu denen auch Turmerone gehören. Sie tragen dazu bei, die schleimhautberuhigenden Eigenschaften von Curcuma zu verstärken und erhöhen die Aufnahme von Curcuminoiden in den Körper.
Aufgrund der schlechten Bioverfügbarkeit wird diskutiert ob viele der nachgewiesenen positiven Effekte auf die Wirkung im Darm zurückgeführt können. Curcumin scheint die Zusammensetzung der Darmflora zu beeinflussen, moduliert die intestinale Permeabilität, reduziert Entzündungen und oxidativen Stress im Gastrointestinaltrakt und hat Einfluss auf bakterielle, parasitäre und Pilzinfektionen.[2] An dieser Stelle möchten wir erneute auf die Rolle des Hormesis-Effektes hinweisen.[3]
Curcuminoide und Turmerone helfen dabei, Stoffwechselprozesse wie z.B. die Regeneration von Gelenkknorpel und Muskulatur reibungsloser ablaufen zu lassen. Dabei spielen sie ihr Potential aus, die Bildung von entzündungsfördernden Botenstoffen zu regulieren.[4]
Weihrauch
Das Harz des Weihrauchbaumes (Boswellia serrata) wird in ebenfalls zur Verbesserung von Verdauung und Darm eingesetzt.[5] Seine Stärke liegt in der Unterstützung des Immunsystems. Es ist in der Lage, die gesunde angeborene Immunantwort zu stärken und ebenso wie Curcuminoide und Turmerone die Bildung entzündungsfördernder Botenstoffe zu regulieren.[6]
Ingwer
Ingwer wird klassischerweise bei Verdauungsproblemen eingesetzt.[7] Er steht zudem als Gewürz in dem Ruf genau wie Curcuma und Weihrauch die Bildung von entzündungsfördernden Botenstoffen zu harmonisieren.
Da in unserem Körper ständig Entzündungen ablaufen müssen – denn sie sind essentiell für die Regeneration von Gewebe und auch für ein funktionierendes Immunsystem – bietet die Kombination der pflanzlichen Inhaltsstoffe die Möglichkeit, genau die Entzündungsprozesse abzufedern und zu harmonisieren, die ein „Zuviel des Guten“ darstellen und den Körper letztlich belasten können.
„Viel hilft viel“ ist dabei nicht unbedingt der richtige Ansatz. Gerade mit niedrigen oder moderaten Dosierungen können nachhaltige Effekte erzielt werden.
Inflammaging
Man weiß aus der Forschung, dass Entzündungen bei mangelnder Regenerationsfähigkeit und Alterungsprozessen eine große Rolle spielen können und geht davon aus, dass sie über eine gesunde Lebensführung und Ernährung (u.a. eine Stabilisierung der Darmflora) sowie regelmäßige moderate Bewegung beeinflussbar sind.[8] Ziel ist es, dass allgemeine Regenerationsprozesse störungsfreier und nachhaltiger ablaufen. Die Berücksichtigung niedrig dosierter pflanzlicher Stoffe könnte dabei eine wichtige Rolle spielen.[9]
[1] Ray, S. D., F. F. Farris, and A. C. Hartmann. “Hormesis.” (2014): 944-948.
[2] Lopresti A. L. (2018). The Problem of Curcumin and Its Bioavailability: Could Its Gastrointestinal Influence Contribute to Its Overall Health-Enhancing Effects?. Advances in nutrition (Bethesda, Md.), 9(1), 41–50. https://doi.org/10.1093/advances/nmx011
[3] Moghaddam, NSA, Oskouie, MN, Butler, AE, Petit, PX, Barreto, GE, Sahebkar, A. Hormetic effects of curcumin: What is the evidence? J Cell Physiol. 2019; 234: 10060– 10071. https://doi.org/10.1002/jcp.27880
[4] Hucklenbroich, J., Klein, R., Neumaier, B., Graf, R., Fink, G. R., Schroeter, M., & Rueger, M. A. (2014). Aromatic-turmerone induces neural stem cell proliferation in vitro and in vivo. Stem cell research & therapy, 5(4), 100. https://doi.org/10.1186/scrt500
[5] Khan, I., Samson, S. E., & Grover, A. K. (2017). Antioxidant Supplements and Gastrointestinal Diseases: A Critical Appraisal. Medical principles and practice : international journal of the Kuwait University, Health Science Centre, 26(3), 201–217. https://doi.org/10.1159/000468988
[6] Ammon H. P. (2016). Boswellic Acids and Their Role in Chronic Inflammatory Diseases. Advances in experimental medicine and biology, 928, 291–327. https://doi.org/10.1007/978-3-319-41334-1_13
[7] Haniadka, R., Saldanha, E., Sunita, V., Palatty, P. L., Fayad, R., & Baliga, M. S. (2013). A review of the gastroprotective effects of ginger (Zingiber officinale Roscoe). Food & function, 4(6), 845–855. https://doi.org/10.1039/c3fo30337c
[8] Giunta S. (2008). Exploring the complex relations between inflammation and aging (inflamm-aging): anti-inflamm-aging remodelling of inflamm- aging, from robustness to frailty. Inflammation research : official journal of the European Histamine Research Society … [et al.], 57(12), 558–563. https://doi.org/10.1007/s00011-008-7243-2
[9] Calabrese EJ, Calabrese V, Giordano J. The role of hormesis in the functional performance and protection of neural systems. Brain Circ [serial online] 2017 [cited 2020 Aug 21];3:1-13. Available from: http://www.braincirculation.org/text.asp?2017/3/1/1/203257